Von Krieg zu Krieg

Nach dem 1. Weltkrieg, im Mai 1919, übernahm Lehrer Georg Kordes die Chorleitung, Aloys Gerdesmeyer wurde zum ersten Liedervater ernannt. Im Jahr darauf begann man mit schriftlichen Aufzeichnungen über die Tätigkeiten des Vereins. Von 1921 bis 1927 nahm Lehrer Johannes Ostendorf den Taktstock in die Hand. Er war es auch, der sich im April 1921 an den Cloppenburger Liederkranz wandte mit der Bitte, alle Gesangvereine des Amtes Cloppenburg zur Gründung eines Sängerbundes einzuladen. In der denkwürdigen Zusammenkunft im Wartesaal II. Klasse des Cloppenburger Bahnhofs am 02. August 1921 wurde von den Delegierten der Vereine die Gründung eines Sängerbundes namens „Heimattreu“ beschlossen. Neben Bühren (21 Sänger) gehörten die Vereine Bösel (22 Sänger), Bunnen (22 Sänger), Cloppenburg (40 Sänger), Emstek (28 Sänger), Essen (23 Sänger), Lindern (mit Auen-Holthaus - 40 Sänger) und Löningen (40 Sänger) zu den Mitbegründern des Sängerbundes. Für die Böseler, die gleich wieder ausschieden, trat Garrel dem Bund bei. Nach der Darstellung des Chronisten muss es die Bührener zutiefst getroffen haben, dass nicht ihnen, sondern den Löningern das erste Sängerbundesfest zugesprochen wurde, obwohl ihnen die Initiative zur Gründung und die Ausarbeitung der Statuten zu verdanken war. Aber das zweite Sängerbundesfest im Jahr 1923 durften die Bührener dann doch ausrichten. Der Chronist berichtet in launiger Weise recht ausführlich darüber. Die Frage war damals, ob man das Fest angesichts der Notlage des Vaterlandes noch feiern dürfte oder sollte. Wegen dieser Frage wurde eine außerordentliche Delegiertentagung einberufen, auf der beschlossen wurde, das Sängerbundesfest doch abzuhalten, und zwar mit dem Gedanken der Stärkung des vaterländischen Bewusstseins. Nach diesen Gesichtspunkten sollten auch die Chorlieder ausgewählt werden. Am 27. Juni 1923 fand dieses Sängerfest statt und nahm einen unerwartet erfolgreichen Verlauf. Als Festplatz diente eine Wiese hinter „Meyers Busch“. Der Chronist weiß aus dieser Inflationszeit Kurioses zu berichten. Sorgen bereitete den Verantwortlichen verständlicherweise die Finanzierung des Festes. Ein Pfiffikus kaufte vorsorglich 10 Zinkeimer für 27.500,00 Mark. Auf diese Weise schlug man der unvorhergesehenen Geldentwertung ein Schnippchen. Für den Erwerb eines Notenschrankes zahlte man zunächst 4 Zinkeimer, den Differenzbetrag beglich man mit dem Erlös einer Roggensammlung. Das Zuspätkommen oder Fehlen bei Übungsstunden ahndete man mit Strafgeldern, die bemessen wurden nach dem Wert eines kleinen oder großen Bieres. Den mit List und Tücke aufgebrachten Eigenleistungen standen aber auch Einnahmen von schwindelerregender Höhe gegenüber. So kostete eine Eintrittskarte für das Sängerfest 5.000,00 Mark, ein Tanzband 8.000,00 Mark; für ein Mittagessen zahlte man 20.000,00 Mark. Die Eintrittspreise wurden im Laufe des Nachmittages um das Doppelte erhöht, ob wegen der galoppierenden Geldentwertung oder wegen des großen Zuspruchs, darüber schweigt sich der Berichterstatter aus. Die Gesamteinnahmen von etwa 7 Millionen Mark mussten in Eierkisten abtransportiert werden - so wenigstens die mündliche Überlieferung. Mit dem Überschuss von 2 Millionen Mark finanzierten die Sangesbrüder eine Fahrt nach Helgoland mit dem Dampfer „Grüß Gott“.

Die alte Fahne von vorne
Die alte Fahne von hinten

Zwischenzeitlich kaufte man eine Fahne für 4.463,00 Mark. Damit sie bezahlt werden konnte, wurde eine freiwillige Spendenliste ausgegeben und der ungedeckte Rest aus einer so genannten Gedenktafelkasse geliehen. Bei dem Fahnenweihfest im Jahr 1922 wurden von den Frauen der Vereinsmitglieder Kuchen gebacken und zugunsten der Kasse verkauft. Geschick in Geldangelegenheiten bewiesen die Gründer in vielen anderen Fällen. So wurde z. B. eine Theaterbühne, die von Vereinsmitgliedern erstellt worden war, für 75 Mark (1. Spieltag), 50 Mark (2. Spieltag) und 25 Mark (jeder weitere Spieltag) an hiesige Vereine verliehen. Als noch vor der Währungsreform ein Fahnen- und Notenschrank angeschafft werden musste, bezahlte man diesen zum Teil mit einer Roggensammlung und verkaufte vier der bereits erwähnten Zinkeimer für 60.000,00 Mark.

Im Jahr 1926 wurde beschlossen, dass der Sängerbund Heimattreu dem Oldenburgischen und dem Deutschen Sängerbund beitritt. In den Folgejahren stellten einige Mitgliedsvereine den Antrag, dass die kleineren Vereine Mitglieder des Sängerbundes Heimattreu bleiben könnten, ohne Mitglieder des Deutschen Sängerbundes zu sein. Nachdem ein gleich lautender Antrag des MGV im Jahre 1928 abgelehnt wurde, verließ dieser aus Protest für ein Jahr den Sängerbund.

Chorleiter Ostendorf wurde im Jahr 1927 nach Lohne versetzt. Bis zum Beginn des II. Weltkrieges waren die Lehrer Alfons Overmeyer, Clemens Stukenborg und Josef Fortmann als Dirigenten tätig. Im Jahr 1932 wählte man Josef Mählmann zum ersten Vorsitzenden; er leitete den MGV bis zu seinem Rücktritt im Jahr 1971. Es wird schwer möglich sein, diesen Rekord einzustellen.

Am 06. Juni 1937 verantstaltete der MGV Eintracht von 1906 Bühren das zweite Sängerbundesfest. Die Gastchöre wurden beim „Alten Schneiderkrug“ empfangen. Anschließend fand im dortigen Saal das Wertungssingen statt. Hierzu musste jeder Verein ein Pflichtchorlied und ein Wahlchorlied vortragen; die Pflichtchorlieder wurden vorher von den Wertungsrichtern benannt. Dem MGV Eintracht von 1906 Bühren wurde das Lied „Vaterland, heilig Land“ zugewiesen, als Wahllied hatte man sich das Volkslied „Ins Heu“ ausgesucht. Nach dem Wertungssingen ging der Festzug in brütender Hitze nach Bühren, das - dem Chronisten zufolge - in Ehrenbogen, Girlanden und Fahnen schön geschmückt war, wo man sich auf der Festwiese des Sündermannschen Hofes versammelte. Nach diversen Reden - die zum Teil der Zeit entsprechend gefärbt waren - sowie dem gemeinsamen Mittagessen folgte das Singen auf der Festwiese; hier konnte jeder Verein zeigen, welche gesanglichen Künste in ihm steckten. Seitens des MGV Eintracht von 1906 Bühren wurde unter der Leitung des Dirigenten Josef Fortmann das Lied „Das Wandern“ vorgetragen.